Abschaltung analoges Kabelfernsehen

Ich bin zwangsverkabelt. Bedeutet: der Preis für den Kabelanschluss ist im Mietpreis inklusive. Keine Ahnung welches Paket ich nutzen könnte, die Kabel-Dose ist unbenutzt. Für Radio und TV nutze ich seit Jahren DVB-S, aktuell zaubert mir eine 80 cm-Schüssel mehr als 4700 Dienste auf den Bildschirm (13°, 19,2°, 23,5°, 28,2° Ost). Natürlich ist mindestens die Hälfte davon verschlüsselt, die Nerds unter Euch können ja mal auflisten welche Programme ich per Kabel empfangen könnte die es via DVB-S nicht gibt. In der vorletzten Woche erreichte mich dieses Schreiben:
Abschaltung analoges KabelfernsehenMeine Region ist nicht die erste und auch nicht die letzte die abgeschaltet wird. Durch die Abschaltung verschwinden analoge TV- und Radiosignale. Über die Radiosignale bin ich gar nicht mal so böse, stören Kabellecks doch zu Hause und unterwegs immer mal wieder den terrestrischen Empfang. „Schluss aus Mickey Mouse“ könnte ich schreiben. Zuvor möchte ich aber noch in ein Erinnerungen schwelgen.

Es muss so um Ende 1986 gewesen sein. Mitarbeiter der Deutschen Bundespost klingelten seinerzeit an der elterlichen Haustür und boten Programmvielfalt via Kabel an. Meiner Eltern lehnten dies ab, vermutlich hatten sie Angst vor der Zerstörung des Vorgartens. Ich brodelte innerlich, weil ich meinen im Rahmen eines Ausflugs nach Frankfurt entdeckten Lieblingssender HR3 nicht hören konnte. Im Kabel wäre er zumindest in Mono zu hören gewesen. Auf Nachfrage kam dann die „Drei Programme reichen. Du kannst auch im Wald spielen“-Leier. Aus heutiger Sicht eine gute Entscheidung, mit knapp 14 war ich sehr weit oben auf der Palme. Glücklicherweise hatten die Eltern eines Freundes neu gebaut und keinen Bock auf Antennengedöhns. Daher haben sie sich Kabel quer durchs Haus legen lassen. Der Freund musste damals die „hr3 Clubnight“ auf Cassette aufnehmen, die Erotikfilme auf NED 2 haben wir seinerzeit zusammen geschaut (via VHS-Cassette, die Aufnahmen waren in irgendwelchen Dokus versteckt falls die Cassetten kontrolliert wurden). Mit etwas Frickelei konnte ich zu der Zeit zu Hause fünf Programme empfangen (neben NDR auch WDR), bei Überreichweiten waren es acht (NED 1-3). Im Kabelnetz Osnabrück gab es um 1991 folgende Sender:

Radio
87,60 DLF
87,95 NDR 1
88,75 NDR 2
89,80 NDR 3
90,15 HR 1
90,85 HR 2
91,70 HR 3
92,70 Sachsen-Anhalt
93,05 Radio Aktuell
93,35 Berliner Rundfunk
94,70 DLS
95,80 NL Radio 2
96,10 NL Radio 4
96,65 NL Radio 3
97,65 Star Sat
98,15 RTL
99,30 Klassik Radio
99,75 ffn
100,70 WDR 1
101,00 WDR 2
101,80 WDR 3
102,25 WDR 4
103,15 RB 1
104,45 RB 3
105,25 RB 2
105,65 RB 4

Fernsehen
K2 ARD NDR
K4 ZDF
S4 RB1/Infotafel
K5 Sportkanal
K6 N3
K7 MTV
K8 West 3
K9 Sat 1
K10 3sat
K11 ARD 1plus
K12 RTL plus
S5 NED 3
S7 NED 1
S8 NED2/Lifestlye
S9 DFF
S10 ARD WDR
S11 Bayern 3
S12 Tele 5
S13 Pro 7
S14 Eurosport
S15 Super Channel
S16 TV5
S17 Premiere
S18 TRT International
1988 bekam ich zu Weihnachten einen JVC-Tuner (aus heutiger Sicht Schrottempfänger aber wir hatten ja nix) und ich durfte mich an die elterliche 3 Elemete-Yagi klemmen. Mit dieser Kombination konnte ich neben HR3 auch Bremen 4, RSH, Radio Hamburg und – für manche Hausarbeit interessant – Radiosender aus der DDR empfangen. Die Qualität war dabei egal. 1991 – in der Zwischenzeit verdiente ich mein eigenes Geld – habe ich mich dann für eine Sat-Antenne entschieden. Die zwei anderen Parteien im Haus (Eltern und deren Mieter) haben sich dann beteiligt. 32 TV-Programme ohne Kabel…. wow…

2018 wird das analoge Kabel abgeschaltet. Dieses Geschäftsmodell ist meiner Meinung nach längst überholt. Sollte jemand von dieser Abschaltung betroffen sein und bei der Recherche auf diesen Blog-Eintrag stoßen:

KAUF DIR EINE MOTHERFUC**N SAT-ANTENNE!!!!111ELF!!

2011 habe ich meine ersten DVB-S-Schritte via einer unauffälligen Flachantenne gemacht. So eine Antenne lässt sich wunderbar tarnen falls Vermieter & Co. diese eigentlich nicht zulassen. Meine aktuelle Anlage existiert eigentlich auch nicht, da ich keine Antenne nutzen darf. In den nächsten Wochen verfasse ich mal einen Eintrag zu meiner aktuellen Anlage.

Gibts es noch Personen die analoges Kabel nutzen? Jasichadas! Habe ich in meiner alten Wohnung zumindest beim Radio auch gemacht. Mittlerweile besteht mein stationärer Radiokonsum aus etwa 20% UKW, 20% DVB-S, 80% Livestreams. Würde ich meine Geräte an das analoge Kabel hängen, könnte ich folgende Programme genießen:

87,95 NDR 1 Niedersachsen
88,40 Deutschlandfunk
88,70 NDR 2
89,40 NDR Kultur
90,45 hr1
90,85 NDR Info
91,70 hr3
92,15 Deutschlandfunk Kultur
93,05 WDR 5
93,35 MDR JUMP
93,70 WDR 3
95,80 Radio 21
96,10 Antenne Niedersachsen
97,65 os radio 104,8
98,20 RTL
99,30 Klassik Radio
99,60 radio ffn
100,70 1LIVE
101,35 Radio Horeb
102,20 WDR 2
103,15 Bremen Eins
103,55 WDR 4
104,50 COSMO
105,25 Bremen Zwei
106,25 N-Joy
106,55 Bremen Vier

Keine Sender aus den Niederlanden, kein Bremen NEXT, kein Radio RST, kein BFBS. Buuuuh!!!! Die Geisterausstrahlung von Radio 38 auf 107,35 wird verschwiegen. Und im TV:
S06 HSE24
S07 RTL
S08 SAT.1
S09 arte
S10 sport1
E05 Das Erste
E06 ZDF
E07 NDR Fernsehen
E08 VOX
E09 euronews (21:05 bis 6:00) / KiKa (6:00 bis 21:05)
E10 3sat
E11 WELT
E12 Phoenix
S11 ProSieben
S12 RTL II
S13 kabel eins
S14 Super RTL
S15 Tele 5
S16 ntv
S17 Comedy Central (14:00 bis 2:00) / VIVA (2:00 bis 14:00)
S18 Nick
S19 DMAX (20:00 bis 6:00) / 1-2-3.tv (6:00 bis 20:00)
S20 CNN International
S21 Anixe
S22 Channel 21
S23 Disney Channel
S35 QVC
E21 Eurosport 1
E22 NITRO
E23 Bibel TV

Mit der weiter oben beschriebenen Antenne empfange ich mehr als doppelt so viele FTA-Programme als via Kabel. Bei einem schwarzen Analog-Bildschirm empfehle ich tasächlich den Umstieg zu Sat-TV. Der Kabelanschluß eignet sich übrigens sehr gut für das Internet, ich nutze KDG/VF seit etwa 2012 ohne große Probleme.

DVB-T2 HD offiziell heute in Deutschland gestartet

Mittlerweile führt das terrestrische Fernsehen vielerorts nur noch ein untergeordnetes Dasein. Während mehr oder weniger große Dachantennen bis in die 1980er Jahre zur Standardausstattung eines jeden Hauses gehörten, verschwanden diese dann zugunsten des Kabelanschlusses und später auch zugunsten des Satelliten-Direktempfangs. Sowohl beim Kabelfernsehen als auch beim Fernsehen über Satellit wurde das Angebot ständig erweitert, über Antenne gab es meistens nur drei Programme. Zu den Zeiten des terrestrischen Fernsehens wurde auch auf der Senderseite ein großer Aufwand betrieben: die ARD-Anstalten, das ZDF und auch das DDR-Fernsehen unterhielten viele sog. „Füllsender“ (Kleinsender die eine abgeschirmte Region wie beispielsweise ein Tal versorgten). Ihr Zahl ist locker vierstellig. Mitte/Ende der 1980er begannen dann auch Privatsender (allen voran RTL plus und Sat.1) in größeren Städten Sender mit kleiner oder tlw. auch größerer Sendeleistung in Betrieb zu nehmen.

Anfang der 2000er wurde das analoge Antennenfernsehen schrittweise durch den Digitalstandard DVB-T ersetzt. Dadurch stieg (auch hier in der Provinz) die Anzahl der empfangbaren Sender. Waren es je nach Wohnort drei bis acht Sender, sind es mittlerweile 13 (je nach Antennenaufwand und Wohnort auch gern mehr). DVB-T war u.a. auch mal für Unterwegs gedacht, LG hatte Mitte der 2000er sogar ein DVB-T-fähiges Handy im Angebot. So richtig durchgesetzt hat sich das Ganze aber nicht wirklich. Klar ist es toll mittels DVB-T und Laptop in frischer Luft TV zu gucken, mit dieser Freizeitbeschäftigung gehöre ich aber ganz klar zu einer Minderheit. Vermutlich wurde in vielen Haushalten das terrestrische Fernsehen während der Umstellung auf DVB-T abgeschafft. “Neue Geräte kaufen (und sei es nur eine Settop-Box für die alte Röhrenkiste)? Da kaufe ich mir direkt für 50 Euro eine Camping-Sat-Antenne.” Ein Test am DVB-T-Sender Lingen untermauert diese Theorie: dort wurde vor einigen Jahren die Sendeleistung von DVB-T um ein Vielfaches reduziert um Reaktionen von Zuschauern zu erzeugen. Die Resonanz war wohl sehr gering.
DVB-T2 HDNun kommt DVB-T2 HD, das terrestrische Fernsehen in hoher Auflösung. Längst überfällig, da Bilder auf Tablets inzwischen schärfer erscheinen als das was per DVB-T in den Äther geschickt wird. Seit heute sind in einigen Regionen DVB-T2 HD-Sender offiziell in Betrieb, angeboten werden jeweils sechs Programme in HD. Das Erste und ZDF sind unverschlüsselt zu empfangen, RTL, Sat.1, ProSieben und VOX sind zunächst ebenfalls frei, werden aber dann verschlüsselt. Anfang 2017 beginnt dann der Umstieg von DVB-T auf DVB-T2 HD, 2019 soll das heutige DVB-T abgwickelt sein.

Auf Sendung sind mit dem heutigen Tag Bremerhaven-Schiffdorf, Bremen, Hamburg, Kiel, Lübeck, Stockelsdorf, Rostock, Schwerin, Hannover, Braunschweig, Langenberg und Dortmund (ich habe bewusst nur Norddeutschland sowie evtl. hier in Osnabrück empfangbare Standorte genannt, Link zu mehr Details folgt). Der Start von DVB-T2 HD ist in Osnabrück für das 1. Quartal 2018 vorgesehen. Interessant ist, das neben dem bisherigen Standort Bramsche-Engter (Schleptruper Egge) auch der Standort Osnabrück-Widukindland an der Grenze zu Belm genutzt werden soll. Auf der anderen Seite aber auch nicht verwunderlich, da von dort aus RTL plus und Sat.1 verbreitet wurden. Ich werde das Thema weiter für Euch beobachten.

Alle Infos rund um DVB-T2 HD bietet die Webseite des Projektbüros DVB-T2 HD Deutschland. Sie ist erreichbar unter www.dvb-t2hd.de.