ARD-Radios via Astra im neuen Format

Die ARD verbreitet seit 2005 einen Großteil ihrer Radioprogramme via Satellit. So lassen sich über 19,2° Ost Sender aus allen Teilen Deutschlands empfangen – in guter Qualität und unabhängig vom Internet. Die Programme wurden in MPEG1 L2 verbreitet, das klang ganz ordentlich. Wurden? Ja. Seit heute sind die Programme nicht mehr im MPEG1 L2-Format zu empfangen.

Die ARD muss sparen. Das betrifft auch den Bereich Radio. Daher wird der Astra-Transponder 93, auf dem bisher die ARD-Radioprogramme verbreitet wurden, aufgegeben. Die Rundfunkprogramme werden auf zwei neue Transponder aufgeteilt, auf denen bereits ARD-Fernsehprogramme laufen. Doch wie teilt man Radioprogramme, die vorher einen kompletten Transponder beansprucht haben, auf einen Kanal auf dem bereits TV-Sender aktiv sind? Komprimierung. Die Radioprogramme werden in einem anderen Format verbreitet.

Hier noch ein paar Zahlen: auf digitalbitrate.com lassen sich die aktuell genutzte Bandbreite einzelner Transponder anzeigen. Wir beginnen mit dem alten Radiotransponder 93: die alten Radioprogramme nutzen eine Bandbreite von 23,76 MB/s.

Im neuen Format nutzen die Radioprogramme 5,72 MB/s…

… und 10,55 MB/s
Ergibt 16,27 MB/s und damit rund 7,5 MB/s weniger als die Programme im alten Format. Und das obwohl mit Bremen NEXT ein zusätzliches Programm abgestrahlt wird. Rein rechnerisch ist also alles im grünen Bereich.

Wo ist der Harken? Das Audioformat könnte ein Harken sein. Im Sommer 2021 wurden die Radioprogramme im AAC-LC-Format aufgeschaltet. In den ersten Tagen gab es tatsächlich Probleme, seither geben meine Receiver die Programme ohne Probleme wieder. Ich habe im Sommer testweise die Stunde sowohl im alten als auch im neuen Format mitgeschnitten, zu MP3 konvertiert und diese im Auto gehört (also unter realen Bedingungen). Für mich gab es kaum hörbare Unterschiede. Insofern kann ich keine Beeinträchtigungen durch die Umstellung von MPEG auf ACC erkennen. Und ich bin froh weiter auf die Programmvielfalt zugreifen zu können. Seit heute sind die MPEG-Programme abgeschaltet, es ist nur noch eine Hinweisschleife zu hören.


Ihr habt keinen Radioempfang mehr via Astra und bisher nur Bahnhof verstanden? Kein Problem, hier ist eine Mini-Anleitung die vielleicht weiter hilft:

– Suchlauf starten. Das kann einen Augenblick dauern. Die Sender auf dem alten Transponder haben „alt“ in ihrer Kennung

– Die Programme wurden nicht gefunden? Wählt bitte die Transponder einzeln an:
Transponder 39: Frequenz 11053, Polarisation H, 8PSK 22000 2/3
Transponder 61: Frequenz 10891, Polarisation H, 8PSK 22000 2/3

Viel Erfolg!

Jugendradios auf der Überholspur?

Glaubt man Reinhard Bärenz (Musikchef von MDR Sputnik), sind die ARD-Jugendradios auf Erfolgskurs. So liest sich auch das Interview im musikmarkt. Dort heisst es beispielsweise:

Überhaupt brachte die im Juli veröffentlichten Reichweiten die Radiobranche wieder vermehrt in Feierlaune. So stieg die Nutzungsdauer – also der Zeitaufwand, den junge Hörer (14 bis 29 Jahre) mit dem Radio verbringen – mit einem Plus von täglich 13 Minuten zuletzt deutlich an. Gleichzeitig konnten neben 1Live auch Programme wie Das.Ding, You.FM oder der Klassiker Fritz im Nordosten Reichweitengewinne vermelden – und damit Vorurteile vom überalterten Medium widerlegen (…) Mit “einem hohen Info-Anteil sowie der Überlegenheit an journalistischen Qualitäten und Resourcen”, so Sputnik-Musikverantwortlicher Reinhard Bärenz, sieht man sich heute in einem Wettbewerbsvorteil gegenüber der privaten Konkurrenz von Energy oder 89.0 RTL. Auch das Musikprofil wurde gegenüber den veränderten Nutzungsgewohnheiten junger Menschen angepaßt. Wie alle Jugendradios muss Bärenz einen Musik-Mix präsentieren, der dem wenig kompromissbereiten Musikgeschmack heutiger Jugendlicher standhält. Während die AC-Sender bei der Musikplanung auf eine deutlich höhere Toleranzschwelle ihrer Hörer zählen dürfen, gilt bei den jungen Radios schon ein nicht genehmer Song als Ausschaltfaktor. In der Konsequenz spielt Sputnik einen ungefähr gleichgewichtigen Mix aus Pop-Musik, R&B und Rock – wobei bei diesem Segement der Anteil an gängigem New Rock (Songs á la Kaiser Chiefs oder Kooks) markant heraussticht. Mit dem Relaunch erweiterte man gleichzeitig die Gesamtrotation der gespielten Songs im Tagesprogramm. Musikchef Bärenz verweist hier auf einen wesentlichen Unterschied zum Privatfunk: “Wir spielen neue Titel im Tagesverlauf maximal dreimal am Tag und sorgen dafür, dass aktuelle Hits nicht schon in der Promotion-Phase ‘verbrannt’ werden. Gleichwohl kommen die Hörer damit in den Genuß einer deutlich größeren Titelvielfalt.”

Das liest sich ja gar nicht mal so schlecht. Titel maximal dreimal am Tag spielen, Einbindung von Onlineelementen (Blogs, Communities usw.), viele Informationen und so weiter. Die Die Realität sieht aber – zumindestens bei NDR und WDR – anders aus. Mich interessieren im Auto oder beim Rasieren nicht die Homepages der Sender oder die inhaltsreichen Sendungen nach 20.00 Uhr (wobei ich an dieser Stelle eine Lanze für 1LIVE brechen muss, das Abendprogramm ist durchaus hörenswert). Viel mehr rege ich mich über die sich täglich wiederholenden Titel auf (ein halbes Jahr „Umbrella“ von Rihanna im 4 Stunden-Takt), den fehlenden Mut bei der Musikplanung (welcher Jugendsender spielt ähnlich viel „Dance“ wie Black oder Rock?) und die oftmals inhaltslosen Moderationen (gerade bei 1 LIVE). Technische Dinge wie z.B. Soundprocessing lasse ich an dieser Stelle einmal raus (obwohl hier auch seeehr viel im Argen liegt). Jeder MP3-Player mit halbwegs grosser Speicherkapazität oder einem ARD-ähnlichen Team zu Pflege ist da spannender. Vielleicht bin ich aber mittlerweile auch alt für die sog. Jugendradios (die Vermutung hatte ich ja bereits Anfang 2007).

Vor einigen Wochen habe ich mit ehemaligen und aktiven Radiomachern in grosser Runde über das „ultimative Format“ diskutiert. Dieses wird es wohl nicht geben. Es gibt aber Elemente, die einen Hörer wirklich einschalten lassen (wenn er auf diese Punkte hingewiesen wird). Doch all diese Punkte vermisse ich nicht nur bei den Jugendradios (wiederum speziell NDR und WDR). Bevor ich täglich N-Joy oder 1LIVE hören müsste, bestücke ich tatsächlich lieber jeden Abend meinen MP3-Player aufs neue oder greife auf vorwiegend ausländische Sender via Internet zurück. Dort spielen die in Deutschland leider überall im Radio anwesenden Berater eine untergeordnete Rolle. Und bevor dieser Groschen in den Chefetagen der deutschen Sender gefallen ist, ist auch der letzte Hörer auf Festplatte, iPod oder Webradio aus Italien umgestiegen. Sicher gibt es einige interessante Radiosender in Deutschland, diese lassen sich aber leider an einer Hand abzählen.